Bruttonationalglück (GNH) – was ist das eigentlich?
„Wir müssen uns immer daran erinnern, dass unser Land in diesen sich ändernden Zeiten immense neue Herausforderungen und Möglichkeiten erhält. Welche Arbeit wir auch tun, welche Ziele wir auch haben – und egal wie diese sich in der wandelnden Welt verändern mögen – ohne Frieden, Sicherheit und Freude haben wir nichts. Das ist die Essenz der Gross National Happiness-Philosophie. Unser wichtigstes Ziel ist der Frieden und das Glück für unser Volk und die Sicherheit und Souveränität der Nation.“
– Seine Majestät Jigme Khesar Namgyel Wangchuck, der 5. König von Bhutan.
Die Einwohner Bhutans sollen zu den glücklichsten der Welt gehören. Das ist größtenteils auf das Konzept des „Gross National Happiness“, des „Bruttonationalglücks“ zurückzuführen. Dieser Begriff wurde vor allem durch den vierten König Bhutans, Jigme Singye Wangchuck, geprägt. Doch die Wurzeln reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Damals verkündete die Regierung des vereinigten Bhutans: „Wenn die Regierung keine Freude für sein Volk erzeugen kann, dann gibt es für die Regierung keinen Grund zu existieren.“
Zu Beginn der 1970er Jahre erklärte der vierte König schließlich das Bruttonationalglück für wichtiger als das Bruttosozialprodukt. Seither orientieren sich die nationale Politik und die Entwicklungspläne des Königreichs an dieser Philosophie. Seit 2008 ist das Streben nach dem Bruttonationalglück sogar in der Verfassung verankert.
Es gibt keine offizielle Definition für das Bruttonationalglück. Weit verbreitet wird es aber mit folgenden Worten beschrieben:
Das Bruttonationalglück misst die Qualität eines Landes in einer umfassenderen Weise (als das Bruttonationalprodukt) und glaubt, dass die vorteilhafte Entwicklung menschlicher Gesellschaft stattfindet, wenn sich materielle und spirituelle Entwicklung ergänzt und sich gegenseitig stärkt.
Die Idee des Bruttonationalglücks geht also davon aus, dass eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft nur im Zusammenspiel von materiellen Wohlbefinden sowie der Erfüllung kultureller, emotionaler und spiritueller Bedürfnisse geschehen kann.
Das Konzept beruht auf vier Säulen:
1. Eine gute Regierungsführung
2. Nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft und Wirtschaft
3. Bewahrung kultureller Werte
4. Schutz der Umwelt
Das Bruttonationalglück lässt sich aber nur schwer objektiv messen. Damit festgestellt werden kann, wie sich die vier Säulen entwickeln und wie sie landesweit umgesetzt werden, werden alle zwei bis drei Jahre durch das Zentrum für bhutanische Studien Umfragen erhoben. So gelten beispielsweise das seelische Wohlbefinden, Gesundheit, Bildung oder auch die Regierungsweise und der Lebensstandard als Maßeinheit.
Das Bruttonationalglück ist aber nicht nur Sache des Staates. Die Regierung schafft zwar die Rahmenbedingungen dafür. Doch jeder einzelne Bewohner ist dazu aufgerufen, selbst etwas für dessen eigenes Glück zu tun. Wer Egoismus, Neid und Wut vermeidet und sich stattdessen spirituellen Aktivitäten und positiven Emotionen zuwendet, wird glücklicher sein. Das Entschleunigen des Alltags, ausreichender Schlaf und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sollen das noch verstärken. Das Empfinden des Glücks ist dabei nicht als kurzweiliger Zustand zu verstehen, sondern als eine dauerhafte Erfahrung. Sie kann sogar erlernt werden.
Das Grundprinzip, an das sich alle Menschen halten sollen ist, das größte Glück in der Welt und das wenigste Leid zu erzeugen, sowohl für die gegenwärtige als auch für alle nachfolgenden Generationen.
Jeder Einwohner, der diese Richtlinien und Ratschläge befolgt, wird Glück erfahren.
Wie sagte bereits der Dalai Lama:
„Wir sind auf der Welt um glücklich zu sein!“